Kunst am Bau

Wandgestaltung im Andachtsraum des Altersheims Rorschach/ Beschreibung von Inhalt und Form

 

Jürg Jaberg, gemalt im Juni 1990

 

Konzept:

Der dreiteilige Lebensfries ist von rechts nach links aufgebaut und auch so zu lesen.

Eine Trennung der beiden Bänder 1 und 2 erfolgt beim Altartisch (ungefähr Wandmitte).

Der Fries endet mit einem Bergsymbol (Teil 3) auf der Westwand.

Die verspielte Strenge des Raumes soll sich in der Formensprache der Malerei widerspiegeln.

 

Inhalt:

Das Bildband ist vertikal in drei Erzählebenen gegliedert (A, B, C). Sie stehen in einem direkten Bezug zueinander, beziehungsweise übereinander.

 

A

B

 

C

 

A  Verspielt-symbolische Ebene. Diese hat die Funktion einer Art „Lesehilfe“ (ohne zwingende Ansprüche) und lebt von der kulturell bedingten Mehrfachbedeutung des Symbols „Vogel“. Das dekorative Element soll einerseits das strenge Band ein wenig auflockern, andererseits gelten Vögel seit alters her wegen ihres Flugvermögens als dem Himmel zu gewandt, als Mittler zwischen Himmel und Erde.

B  Figurenfries mit menschlichen Figuren. Der Mensch bleibt Idee, Skizze und Entwurf. Dargestellt sind Szenen um Welterfahrung, Arbeit, Spiel, Sport u.a. Optisch soll das schmale Band das Hauptband C ein bisschen festigen.

C  Szenische Darstellungen zu „Lebensabschnitten“. Der Mensch bewegt sich schemenhaft durch verschiedene Bildräume/ Erfahrungsräume. Es können formale und inhaltliche Gegensätze betrachtet und gelesen werden: Strenge – Verspieltheit, Einfachheit – üppiges Dekor, Hast – Weile.

Der türseitige Abschnitt der Erzählung ist dem Leben zugewandt, setzt diesseitsbezogenes Denken und Handeln in Bilder um.

 

Der linke Abschnitt, im Bergsymbol mündend, umkreist gedanklich das Thema der „Verinnerlichung“ und „Vereinfachung“, die Suche nach dem Idealen (z.B. die gegenseitige Bedingung von Mensch und Tier, die Idee des Paradiesgartens, usw.).

 

Den Abschluss bildet eine Art perspektivische Auflösung und Verbindung der drei Symbole Berg, Treppe und Baum in stark abstrahierter Form.

Beim Altartisch erfährt der Fries eine Trennung.

Auf der rechten Seite ist der Tisch als Ort der Begegnung im Überfluss dargestellt, auf der linken Seite wird der Tisch zum Ort der Begegnung im Sinne des Abendmahls.

 

Inhaltliche Abfolge und Details zum Hauptteil C:

  1. In die Welt kommen als Teil einer höheren Ordnung.
  2. Begegnung mit der Natur/ Antriebskräften der Erde.
  3. Jagd, Sammeln, Erwerb von Gütern.
  4. Die Macht. Festigen des Besitzes, scheinbare Dauer.
  5. Der Tisch als Ort der Begegnung im Überfluss.

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  1. Der Tisch als Ort der Begegnung im Sinne des Abendmahls.
  2. Hinter den Vorhang der Erkenntnis gucken. Im Vorhangmuster begegnen sich Mensch und Tier in wechselseitiger Bedingung.
  3. Der Garten Eden mit dem Baum der Erkenntnis als Schattenspiel.
  4. Der Garten Eden wird religiöse „Realität“: Baum und Tiere werden Symbole.
  5. Das Dreieck am Ende des Fries‘ – am Beginn der Bilderzählung noch Symbol für „Berg“ und „Natur“ – ist nun Teil eines illusionistischen Raumes, welcher mit Hilfe der Perspektive („perspectere“ bedeutet „hindurchschauen“) ins Unendliche führt.
  6. Zum „Ort“, an welchem sich Berg und Himmel berühren.

 

 

 

Text überarbeitet von Jürg Jaberg, 28.07.2018